Chemnitz_07:
Min 44:24 - nach Ballgewinn Neidhardt und kurzer Kombination Pepic mit Ballverlust
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Min 44:27 - Öztürk kann nicht abgrätschen - Breier lässt sich ausspielen
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Min 44:34 - Neidhardt mit gutem Tackling - 2. Ball bei Chemnitz
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Min 44:36 - Neidhardt mit Foulspiel - Freistoß
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Min 45:27 - Freistoß - Riedel (1,82 m) gegen Nr. 32 Bonga (1,96 m) - Scherff (1,75 m) gegen Nr. 25 Reddemann (1,91 m) - langer Ball - Riedel zu spät und ohne Chance, Scherff gar nicht da - Reddemann mit Kopfballeingabe - Hosiner (Nr. 26) schiebt am langen Pfosten ein - 1:1
Analyse bis zur Führung:
Hansa leicht besser mit 4 Torschüssen und 4 Gelegenheiten, Chemnitz mit 3 Torschüssen und 2 Gelegenheiten. Das Spiel ein Spiegelbild der Begegnungen gegen Würzburg sowie Uerdingen - starke Ballgewinne, schöne Kombinationen, viele Torchancen und - aus Hansasicht - mit einem klasse Auftritt von Pascal Breier, der mit dem 1:0 in der 25. Minute gekrönt wurde. Warum laufen diese Spiele momentan so ab? Warum spielt man ein "Glücksspiel" mit dem Ziel, das erste Tor zu erzielen?
Irgendwo muss man anfangen - ein Beispiel: Hansa in Ballbesitz im Spielaufbau. Der Ball wird hinten ein paar Mal rumgespielt, um den Gegner laufen zu lassen bzw. Lücken zu reißen. Dann beispielsweise der Pass in die Schnittstelle, Dribbling in der gegnerischen Hälfte, wieder ein Pass und Ballverlust. Was macht Hansa dann? Gegenpressing! Dieses wird in der
gegnerischen Hälfte von den "offensiven" ballnahen Spielern sehr gut ausgeführt. Wird der Ball wieder gewonnen, ist Hansa in einer perfekten Ausgangslage für einen Angriff. Was passiert aber, wenn das Gegenpressing nicht zur Ballrückgewinnung führt? Dann ist der Gegner im Konterspiel gefährlich und es entstehen Situationen, in denen ein Gegenspieler mit Tempo und Ball am Fuß auf einen Defensivspieler zuläuft. Der 6er (in dem Fall Öztürk) spielt dabei nie eine Rolle, da er den großen Raum nicht abdecken kann und überdies hinaus auch nicht die entsprechende Schnelligkeit/Beweglichkeit besitzt ein 1 gegen 1 mit Tempo und viel Platz für den Gegner in der Defensive zu führen. Öztürk ist vielmehr stark, wenn der Raum eng ist. Dann verteidigt er gut. Also: Warum ist der Raum so groß? Darauf gibt es meines Erachtens eine plausible mögliche Antwort: Die 4er-Kette + 6er oder Teile davon rücken während des Spielaufbaus nicht schnell genug bzw. gar nicht nach, um das Spielfeld eng zu halten (siehe nachstehende Bilderreihe).
Min 21:28 - Öztürk im Ballbesitz
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Min 21:38 - Pass auf Neidhardt - Pass auf Öztürk - Doppelpass - Neidhardt zieht nach vorne - (Innenverteidiger rücken nicht? bzw. zu langsam? nach - Öztürk rückt nicht wieder auf die 6)
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Min 21:40 - anscheinendes Missverständnis zwischen Vollmann/Neidhardt - Gegner fängt den Ball ab
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Min 21:41 - Breier/Pedersen orientieren sich auf den ballführenden Spieler - Pepic orientiert sich nach hinten - Pass zentral nach vorne
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Min 21:43 - Öztürk aus dem Spiel - Riedel/Sonnenberg nicht vorher nachgerückt und deswegen jetzt richtigerweise nach hinten laufend, um einerseits den Angriff zu verzögern und andererseits den "wirklich gefährlichen" Raum vor dem Tor zuzustellen
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Das Beispiel ist in gewisser Weise "extrem", weil der Fehlpass von Neidhardt auf Vollmann "extrem" ist. Der Ablauf ist jedoch so oder so ähnlich - selbst bei Torabschlusshandlungen - zu beobachten und erklärt die Chancenhäufigkeit als auch die geringen Zeitabstände in der zeitlichen Abfolge (Chancen: Chemnitz 01:07 min/Hansa 02:15 min - Hansa 07:02 min/Chemnitz 07:19 min - Chemnitz 17:27 min/Hansa 18:07 min/Chemnitz 19:01 min). Beide Teams spielen ein Gegenpressing in der gegnerischen Hälfte bei der der Abwehrverbund unzureichend oder gar nicht mit schiebt. Bei Ballverlust wird wiederum schnell das Spiel nach vorne gesucht. Insgesamt entsteht so eine Art 2-Felder-Spiel mit großen Räumen bzw. Löchern im Mittelfeld. Demzufolge wäre eine Lösung in Zukunft mutig mit der gesamten Mannschaft zu pressen bzw. zumindest das Spielfeld eng zu halten.
Analyse von der Führung bis zur Halbzeit:
Nach dem 1:0 durch Breier agierte Hansa kontrollierter. Das 2-Felder-Spiel wich einem Verlauf, bei dem Hansa zwar weniger offensiv agierte, dafür aber hinten kompakter und sicherer stand (Chancen: Hansa 1 - Chemnitz 2). Aus dem Spiel schaffte es Chemnitz nicht mehr, gefährlich zu werden. Nach einer Ecke in der 35. Minute köpfte Langer (Nr. 29) über das Tor. Direkt vor der Halbzeit gab es dann einen Freistoß von halblinks. Dieser entstand durch einen unnötigen Ballverlust von Pepic und schlechtem Abwehrverhalten von Öztürk/Breier/Neidhardt/Pepic. Die Zuordnung war aufgrund der Größenunterschiede "komisch" gewählt - Scherff (1,75 m) gegen Reddemann (1,91 m) sowie Riedel (1,82 m) gegen Bonga (1,96 m). Kann einmal passieren, denn so viele große Spieler standen nun mal nicht für Hansa auf dem Feld und vielleicht erwartete man den Ball in einem anderen Raum. Trotzdem 3 Fragen - Erstens: Warum kommunizieren Scherff und Riedel das nicht und tauschen mit z.B. Sonnenberg oder Breier?. Zweitens: Es war nicht der erste Freistoß, der so getreten wurde (siehe nachstehendes Bild). Mit Sicherheit kann man von der Trainerbank aus solch ein Detail im Spiel nicht erkennen. Warum setzt ihr jedoch nicht endlich jemanden ein, der im Stadion oben in einem Raum sitzt und das Spiel am TV mit Videofunktion anschaut, um durch Vor- und Zurückspulen solche Details einerseits zu erkennen und andererseits diese Informationen an euch per Funkverbindung weiterleitet, damit ihr es an die Mannschaft kommuniziert. Es war nicht das erste Mal (z.B. Narteys "nicht Einhalten" der 6er Position gegen Jena) und es wird in Zukunft ähnliche Situationen geben, die von unten aus unterschiedlichen Gründen nicht zu erkennen sind, die aber gegnerische Tore begünstigen und somit Punkte kosten.
Min 33:03 - Freistoß von halblinks in Richtung langer Pfosten - Scherff und Riedel gegen Reddemann (Nr. 25) - der Freistoß jedoch zu lang gespielt
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Drittens: Warum nicht mal ein "Special"? Ein Beispiel einer anderen Realität vom Samstag: Alle Spieler stellen sich nach dem Freistoßpfiff auf Höhe der 16er Linie, der Kapitän ruft: "Männer!" und hebt dabei den Arm. Sie wissen Bescheid, denn im Training haben sie genau für diese Situation eine Lösung erarbeitet. Der Pfiff des Schiedsrichters ertönt und während Garcia (Nr. 16) zur Ausführung anläuft, sprinten die Hanseaten gen Mittellinie. Der Assistent hebt die Fahne, Ernüchterung beim Gegner, Abklatschen bei Rostock, Brust raus, das Selbstvertrauen ist da, der Pfiff ertönt abermals - Halbzeit - Führung - 1:0.
Analyse 2. Halbzeit:
Ich glaube schon, dass Hansa wollte, aber nicht konnte. 3 Torschüsse und 2 Gelegenheiten Hansas standen 5 Torschüsse und 2 Gelegenheiten Chemnitz gegenüber. Vom Torerfolg waren jedoch beide Mannschaften weit entfernt. Verhoek hatte mit einem Kopfball nach einer Ecke in der 68. Minute noch die beste Möglichkeit für den Ausgleich. Einerseits gelang es weder durch Standards noch mithilfe "der Brechstange" ein Tor zu erzwingen, andererseits muss man sich auch vor Augen halten, dass bestimmte Unterschiedsspieler weder im gesamten Spiel noch in der 2. Halbzeit dabei waren (Bülow, Omladic, Nartey, Vollmann & Pepic ausgewechselt). Wer soll dann die Tore machen, die Verantwortung übernehmen bzw. das Spiel ankurbeln? Sicherlich nicht bisherige Ergänzungsspieler (Pedersen, Hildebrandt, Verhoek, Opoku, Riedel) und/oder Langzeitverletzte (Scherff).
Die Diskussion, warum Hansa in den letzten 30 Minuten der Saison bislang nur 2 Tore schießen konnte, läuft seit geraumer Zeit - Standardschwäche!, Konterschwäche! und Konditionsdefizite?. Danke nochmal an alle User, die sich hier so vehement für die Konditionsdefizite eingesetzt haben. Ich glaube mittlerweile, die Spieler sind zwar fit, der Spielstil ist jedoch für die offensiven Spieler durch zu wenige Ruhephasen gekennzeichnet und führt deshalb zu einer frühzeitigen Ermüdung dieser. Ein konstruiertes zur Anschaulichkeit dienendes Beispiel: Ballbesitz Hansa hinten, vorne Freilaufen - erst gemächlich/dann im Sprint, der Ball wird nach vorne ins Mittel- oder Angriffsdrittel gepasst - zielstrebiges schnelles Spiel nach vorne im Sprint - Ballverlust - Gegenpressing der offensiven Spieler im Sprint - der Gegner befreit sich - der Defensivverbund hat nicht weit genug nach vorne mit geschoben und setzt sich jetzt ab - Konter - die offensiven Spieler müssen im Sprint zurück - Kolke hält und will das Spiel schnell machen - die offensiven Spieler "kontern" im Sprint. Ruhephasen für die Offensive gibt es demnach wenige - so hält man den Powerfußball nicht bis zum Schluss bzw. nur bis kurz nach der Halbzeit durch. Sollte dem so sein, dann stellt sich die Frage: Was könnte man dagegen unternehmen? Erstens - Nicht immer das Spiel nach Ballgewinn schnell machen sondern Ballbesitz "hintenrum" generieren, um den Gegner laufen zu lassen und vorne Pausen zu ermöglichen. Zweitens - Als Defensivverbund bei Ballbesitz in den vorderen Dritteln schneller nachrücken, um beim Gegenpressing mitwirken zu können und ein 2-Felder-Spiel mit langen rückwärtigen Sprints für die Offensive zu vermeiden.
Teamfähigkeit:
Im Vorstellungsgespräch wurde die Frage gestellt, ob ich denn "teamfähig" sei. Bezogen auf den professionellen Fußballsport wirkt diese Frage fast schon paradox, denn Teamfähigkeit zeigt sich meines Erachtens dann am stärksten, wenn es schlecht läuft. Im Fußball kommt es jedoch eher zu Missverständnissen, Zerwürfnissen, Streitereien, Beschuldigungen, Entlassungen usw. …. Bei Hansa gab es am Samstag ebenfalls unschöne bzw. kritische Beispiele - Pascal Breier schießt seit langer Zeit ein Tor und es bricht emotional aus ihm heraus, die Bankspieler nehmen ihn herzlich in den Arm, warum das Trainerteam nicht? (Szene bei NDR) - Vollmann wird zur Halbzeit ausgewechselt (Verletzung?), ich konnte nichts erkennen, warum?. - Pepic, Hansas momentan bester Spieler wird ausgewechselt und verlässt kopfschüttelnd den Rasen, warum? - Die Mannschaft muss sich hier und von den Fans im Stadion beschimpfen lassen, warum? - Riedel wird von Hosiner abgeräumt und außer Kolke interessiert es keinen, warum? - Der Trainer ringt nach dem Spiel nach Erklärungen und schiebt die Verantwortung weg, warum?.
Vielleicht bin ich naiv und dumm - ist mir in dem Fall aber scheiß egal. Ich wünsche mir (sofern dies noch möglich ist), dass alle einen Schritt aufeinander zugehen - die Spieler identifizieren sich mehr mit Hansa Rostock und kämpfen in jedem Spiel bis der Schiedsrichter abpfeift, die Fans bleiben positiv und fallen nicht durch Beleidigungen oder unnütze Ausbrüche (Böller, Verbrennen von Fanutensilien, Spielunterbrechungen wegen Rauch) auf - Pyro zu Beginn des Spiels oder nach Spielende, Daumen nach oben!. Die sportliche Leitung ist nicht beleidigt, wenn man sie kritisiert sondern nimmt diese Kritik als Chance und erkennt Potentiale, um sich und entsprechende Sachverhalte zu verbessern.
Als ich während des Vorstellungsgesprächs innerhalb der Diskussion um die Teamfähigkeit sinngemäß sagte, dass ich mir wünsche, dass sie (H. Härtel, H. Thielemann, H. Pieckenhagen, H. Meinhardt) die Chance bekommen in den nächsten 5 Jahren etwas gemeinsam aufzubauen, schauten "alle" träumend und mit einem Lachen versehen zu Boden. Ich glaube, sie wünschen es sich auch...
Kontinuität gepaart mit der Fähigkeit sich kritisch zu sehen und verbessern zu wollen, ist die beste Möglichkeit, um erfolgreich zu sein.
Auf geht's Hansa.